HPGe Spektrometrie


Die spektrometrische Messung von Gamma-Strahlung mit hochauflösenden Detektoren ist seit über 50 Jahren eine Standard-Methode in vielen Bereichen der nuklearen Forschung und Anwendungen. Die ersten 1961 vorgestellten hochauflösenden Detektoren waren mit Lithium gedriftete Germanium-Kristalle, die ständig mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden mussten.

Das Gamma-Spektrometer
Heute besteht ein hochauflösendes Gamma-Spektrometer typischerweise aus einem hochreinen gekühlten Germanium-Kristall (HPGe) im Vakuum, mit angepasstem Vorverstärker (PA), einer Hochspannungsversorgung (HV), einem Linearverstärker (Spektroskopie-Verstärker, LA), einem Analog-zu-Digital Wandler (ADC), einem Vielkanalanalysator (MCA) sowie einer Emulations-Software zur Online-Darstellung vom Gammaspektrum, Kontrolle der Live-Messzeit und Speicherung der Spektrendaten. Zur Reduzierung des natürlichen Strahlungsuntergrunds wird der Detektor meist in eine Bleiabschirmung eingebaut.

Der Detektor
Während der Messung muss der Detektorkristall auf eine Temperatur von mindestens -180 °C entweder mit flüssigem Stickstoff in einem DEWAR Isoliergefäß oder durch elektrisch betriebene Kühlung abgekühlt werden. Die mit LN2–Kühlung garantierte Kristalltemperatur ist niedriger und stabiler als bei einer elektrischen Kühlung. Neuerdings gibt es geschlossene Hybrid-Kühlsysteme bei denen ein LN2–Vorrat elektrisch gekühlt und beständig wiederverwendet wird. Ein Teil der Elektronik vom PA muss ebenfalls gekühlt werden; dies ist einer von mehreren Gründen warum der PA normalerweise sehr nahe am Kristall montiert ist.

Der hochreine Germanium-Kristall (Fehlstellendichte <10-10) kann mit unterschiedlicher Dotierung (p-Typ oder n-Typ) sowie in verschiedenen Geometrien und Ausführungen hergestellt werden. Dies ergibt eine Vielzahl von HPGe-Detektoren, die für unterschiedliche Messungen oder für spezielle Aufgaben in der Forschung besonders geeignet sind.
Der koaxiale p-Typ-Detektor („Standard”) dient der Messung von Gamma-Strahlung mit Energien von 40 keV bis 3 MeV; große Detektoren können mit guter Full-Energy Peak-Ausbeute bis zu Energien über 10 MeV messen.
Der „Standard” koaxiale n-Typ Detektor ist in einer Endkappe mit einem für Gammaquanten sehr durchlässigen Fenster aus Beryllium oder Carbon eingebaut. Er dient zur Messung von Gamma- und Röntgenstrahlung im Energiebereich von 3 keV bis 3 MeV.
Neben diesen Standard-Modellen gibt es eine sehr große Zahl von HPGe Detektoren und Konfigurationen für spezielle Aufgaben. Wir beraten Sie gern und gut. Sie haben Fragen? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.

Die Elektronik
Alle Komponenten nach dem PA können entweder mit „Nuclear-Instrumentation-Module”-Einschüben (NIM) oder als „Stand-Alone”-Geräte oder in gemischter Bauweise aufgebaut sein. Die früher üblichen PC-Einsteckkarten mit der kompletten Elektronik zum Betrieb eines HPGe-Detektors sind kaum noch erhältlich.

Spektren
HPGe Spektren werden normalerweise in 4096 Kanälen (4k) gemessen, manche Anwendungen erfordern die Messung in 8k Kanälen. Nur für spezielle Anwendungen, wie z.B. die Messung von prompten Gammas, ist eine Messung in 16k Kanälen empfohlen. Man sollte prinzipiell das HPGe Spektrum in möglichst wenige Kanäle messen. Wenn man die Spektrenlänge bei einem unveränderten Energiebereich verdoppelt, dann wird dieselbe Zählrate auf die doppelte Zahl von Kanälen aufgeteilt – damit sinkt die statistische Signifikanz von jedem Kanalinhalt um den Faktor 1.4.

Messungen in Strahlenschutz und Umweltüberwachung:
Für Messungen in Strahlenschutz und Umweltüberwachung wird die Energiekalibrierung meist so eingestellt, dass die 46.5-keV-Linie vom Nuklid 210Pb am unteren Ende der Energieskala und die 2614.6-keV-Linie vom 232Th Folgeprodukt (die Linie kommt vom 208Tl-Zerfall) als hohe Energie gut messbar sind. Dies ergibt bei einem Spektrum mit 4096 Kanälen im Vielkanalanalysator eine Kalibrierung von ca. 0.63 keV pro Kanal, so dass die Halbwertsbreite vom 46.5 keV Peak auf mindestens zwei Kanälen im Spektrum erscheint und die Basisbreite beträgt etwa 5 Kanäle. Dies ist für einen quantitativen Fit gut ausreichend.

Messungen in Forschung, Industrie und Medizin
Für Messungen in der Forschung oder an speziellen Isotopen wie z.B: Thorium, Uran sowie industriellen und medizinischen Nukliden wird im Spektrum meist ein ausgewählter Energiebereich eingestellt, der für die gesuchten Nuklide optimiert ist. In einigen Vielkanalanalysatoren lässt sich der Energiebereich mit einer Offset-Funktion am ADC oder im MCA an der niederenergetischen Seite abschneiden.

Abschirmung
Bei den meisten Anwendungen ist es notwendig, den Detektor mit einer dicken Schicht aus aktivitätsarmem Blei gegen die äußere Strahlung abzuschirmen; die Abschirmung wird auch „Bleiburg” genannt. Es gibt Bleiburgen in großer Variation für unterschiedliche Anwendungen und Ausführungen von Detektoren. Für alle HPGe-Detektoren wird eine Dicke von 10 cm Blei empfohlen, die Abschirmung sollte rundum und auch unter dem Detektor geschlossen sein. Es gibt Bleiburgen, die innen mit einem Absorber aus Sn, Cu und Plastik ausgekleidet sind; die Auskleidung soll die induzierte Röntgenstrahlung vom Blei abschirmen und die Spektren von den Röntgenpeaks vom Blei bereinigen. Dies funktioniert bestens, aber es wird auch der Untergrund im Spektrum bei Energien unterhalb von etwa 70 keV signifikant erhöht. Dies erschwert die Quantifizierung vom 210Pb und die Analyse von anderen Linien bei niedriger Energie.
Die Auswahl der Bleiburg ist eine kleine Wissenschaft – wir beraten Sie gern und gut.