Dosimetrie

Dosimetrie/Personendosimetrie

Entsprechend den Vorschriften in der Strahlenschutzverordnung sowie der Röntgenverordnung müssen alle Personen, die sich aus beruflichen, ärztlichen oder sonstigen Gründen in einem Kontrollbereich aufhalten, während der gesamten Aufenthaltsdauer die Körperdosis ermitteln. Dabei muss sichergestellt werden, dass vorgegebene Grenzwerte nicht überschritten werden. Weiterhin ist es empfohlen, dass jede Person, die sich in einer Umgebung mit einem möglicherweise erhöhten Strahlungsfeld aufhält, die Strahlen-Dosis überwacht. Die dosimetrische Überwachung kann freiwillig erfolgen oder sie erfolgt aufgrund einer Verpflichtung. Bei verpflichtenden Messungen müssen amtlich zugelassene Dosimeter verwendet werden, die z.B. auch von den zuständigen Behörden erhältlich sind.

Die Körperdosis wird mit einem Dosimeter gemessen, das an einer als repräsentativ geltenden Stelle der Körperoberfläche getragen wird; ein Dosimeter ist ein aktives oder passives Messgerät zur Bestimmung der Strahlendosis. Es können zusätzliche Teilkörper-Dosimeter zur Messung der Organdosis an besonders exponierten Stellen (z.B. Fingerring-Dosimeter, Augen-Dosimeter) eingesetzt werden. Die meisten Personendosimeter messen die Dosisleistung (d.h. die Dosis pro Zeiteinheit in [µSv/h]) und/oder sie berechnen die Dosis durch Integration der Dosisleistung von Gammastrahlung, meist im Energiebereich von ~45 keV bis ~3 MeV. Die Einschränkungen im Energiebereich resultieren aus der Art und Bauweise der verwendeten Detektoren. Wenige Dosimeter registrieren auch Photonen mit Energien unterhalb von 30 keV.

Das für den Benutzer wichtigste Unterscheidungsmerkmal in der Beurteilung von Dosimetern ist die Möglichkeit zur sofortigen Ablesung der aktuellen Dosisleistung oder der akkumulierten Dosis. Dies gilt insbesondere für Dosimeter, die für eine kurzzeitige Überwachung eingesetzt werden. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der Typ der verwendeten Detektoren bzw. des physikalischen Prozesses, der zur Messung der Dosisleistung/Dosis verwendet wird.

Stabdosimeter, Filmdosimeter

Stabdosimeter (oder Füllhalterdosimeter) sind direkt ablesbare mechanische Messgeräte, in denen ein elektrisch geladener Quarzfaden vor einer Gegenelektrode vom elektrischen Feld verbogen wird. Durch die ionisierende Strahlung wird die Ladung zwischen Faden und Elektrode ausgeglichen und der Faden biegt sich zurück. Mit einer Optik kann man die Auslenkung des Fadens über einer Skala sehen und die Dosis ablesen. Die Anzeige kann durch erneutes Aufladen zurückgestellt werden. Stabdosimeter sind, je nach der Bauart, zur Messung von Gamma- und Röntgenstrahlung geeignet. Spezielle Ausführungen (Sievert-Kammer) dienen zur Messung der Dosis von Beta-Strahlung.

Filmdosimeter sind nicht direkt ablesbare Dosimeter, die meist für die Langzeit-Überwachung von beruflich strahlenexponierten Personen eingesetzt werden. In einer Halterung befindet sich ein Film, der durch auftreffende Strahlung geschwärzt wird. Aus dem Grad der Schwärzung vom entwickelten Film kann man die Dosis zuverlässig ablesen. Mit unterschiedlichen Absorbern (Filtern) vor einigen Stellen des Films kann man zwischen hoch- und niederenergetischer Gamma-Strahlung oder auch Beta-Strahlung unterscheiden. Der dynamische Bereich von Filmdosimetern ist relativ klein. Die meisten beruflich strahlenexponierten Personen in Deutschland werden mit Filmdosimetern überwacht, die meist von der Auswertestelle zur Verfügung gestellt werden.

Thermoluminiszenzdosimeter (TLD) sind nicht direkt ablesbare Dosimeter, in denen Elektronen in einem kristallinen Material durch auftreffende energiereiche Strahlung in angeregte, metastabile Zustände gehoben werden. Die angeregten Elektronen verbleiben in diesen Zuständen, bis sie beim Auslesen durch Erhitzen aktiviert werden und unter Emission von Lichtquanten in den Grundzustand zurückfallen. Die Intensität vom emittierten Licht ist ein Maß für die deponierte Dosis. Bei der Auswertung von TLD-Chips wird die Lichtausbeute als Funktion der Anregungs-Temperatur gemessen (Glow-Kurve). Aus Details dieses Kurvenverlaufs und der Gesamtfläche kann man die Dosis zuverlässig bestimmen. In vielen TLD-Materialien sind die metastabilen Zustände nicht für sehr lange Zeit stabil, so dass man TLD meist für kurze Integrationszeiten (bis zu wenigen Wochen) verwendet.
Ein TLD-ähnliches Arbeitsprinzip wird in Photoluminiszenz-Dosimetern angewendet; dabei wird die Emission von Licht durch Photo-Aktivierung stimuliert.
Speziell für die Dosimetrie von Beta- und Röntgenstrahlung wird die thermisch stimulierte Exo-Elektronen-Dosimetrie (Tsee) eingesetzt, bei der speziell dotierte Keramiken aus BeO-Material verwendet werden. Wie beim TLD-Kristall werden Elektronen nach einer Anregung durch Strahlung in oberflächennahen Schichten in angeregten Zuständen gehalten. Beim Erhitzen werden dann aber die Elektronen emittiert, die in einem offenen Proportionalzähler registriert werden. Die Zahl der emittierten Elektronen ist ein Maß für die absorbierte Dosis. Die Nachweisgrenze von Tsee-Dosimetern liegt bei etwa 10 µSv.

Im radiochromischen Fricke-Dosimeter wird die Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ Ionen in einem wässrigen Medium unter dem Einfluss von ionisierender Strahlung zur Messung der absorbierten Dosis verwendet. Die Menge an gebildetem Fe3+ wird durch Absorptionsspektrometrie für die Linien bei 224 nm und 303 nm bestimmt. Das Fricke-Dosimeter ist empfindlich für sehr hohe Strahlendosen im Bereich von 0.5 kGy bis 400 kGy.

Im Alanin-Dosimeter wird die Bildung freier Radikale durch Bestrahlung als chemische Reaktion zur Bestimmung der Strahlendosis verwendet. Die Radikal-Dichte, d.h. die absorbierte Dosis, wird durch die Messung der Elektronen-Paramagnetischen-Resonanz bestimmt. Das Alanin-Dosimeter hat einen linearen Messbereich zwischen 10 Gy und 50 Gy und ist somit für bestimmte medizinische Anwendungen gut geeignet.

Elektronische Dosimeter

Eine heute sehr häufig eingesetzte Bauart sind elektronische Dosimeter mit unterschiedlichen, je nach der Anwendung ausgesuchten Detektoren. In den meisten elektronischen Dosimetern werden Geiger-Müller Zählrohre zur Messung der Dosisleistung verwendet, zusätzlich können einer oder mehrere Szintillations- oder Halbleiterdetektoren (NaI(Tl), CZT, CsI(Tl), andere) zur Messung von Photonen sowie auch 3He-Zähler für die Messung von Neutronen eingesetzt werden. Vielfach wird, je nach der Intensität des aktuellen Photonen-Felds, automatisch zwischen dem GM-Zähler (Hochdosiszähler) und einem Szintillator (Messung von niedrigen Dosen) umgeschaltet.
Elektronische Dosimeter sind direkt ablesbare Geräte bei denen die aktuelle Dosisleistung und/oder die akkumulierte Dosis in einer LCD-Anzeige abgelesen werden können. Die kleinen, batteriebetriebenen Geräte sind ständig eingeschaltet und warnen den Träger meist akustisch, optisch und mit Vibrationen beim Überschreiten von einstellbaren Grenzwerten für die Dosisleistung und Dosis.

Multifunktions-Dosimeter

Eine Erweiterung des Funktionsumfangs von elektronischen Personendosimetern sind tragbare Multifunktions-Dosimeter, in denen alle Funktionen eines sehr leistungsfähigen Personendosimeters mit weiteren Optionen verknüpft sind. Dazu gehören zum Beispiel die Möglichkeit, hunderte von Messdaten zusammen mit Kenngrößen (Uhrzeit, GPS) zu speichern, oder energiedispersive Gamma-Spektren zu messen, zu speichern und für die spätere Auswertung an andere Geräte zu übertragen, oder die Möglichkeit zur Messung von Beta- oder gar Alpha-Spektren, oder ein integriertes GPS-System, mit dem man die Ortskoordinaten zu jeder Messung speichern kann. Weiterhin sind oft hilfreiche Zusatzfunktionen verfügbar, wie z.B. eine Suchfunktion für Radioaktivität, bei der die aktuelle Strahlungsintensität optisch, akustisch und durch Vibration angezeigt wird.

Radon-Dosimetrie

Ein Spezialgebiet der Personendosimetrie ist die Dosimetrie von Radon, speziell im Bergbau, in Besucherhöhlen, in Wasserwerken oder an anderen Orten mit hohen Radon-Konzentrationen. Für diese Messungen werden als passive Detektoren Kernspur-Detektoren (Folien oder Filme) oder Sammeldosen mit Aktivkohle eingesetzt, in denen das Radon akkumuliert wird. Aktive Messungen vom Alpha-Zerfall des Radons selbst werden mit gepulsten Ionisationskammern durchgeführt, in denen die mit Radon belastete Luft als Zählgas verwendet wird. Als Alternative kann man Dosimetrie von Radon auch über die Alpha-Spektrometrie von den auf einem Filter abgeschiedenen Vorläufern und Folgeprodukten vom Radon betreiben. Sowohl in den mit Ionisationskammern gemessenen Spektren als auch in der Folgeprodukt-Spektrometrie kann man quantitativ zwischen dem Beitrag zur Dosis vom 220Rn (Folgeprodukt vom 232Th-Zerfall) und dem 222Rn (Folgeprodukt vom 238U-Zerfall) unterscheiden. Die Folgeprodukt-Spektrometrie bietet weiterhin den Vorteil, dass man je nach den Sammelbedingungen die Beiträge aller Isotope in der Zerfallskette zur gesamten Dosis quantifizieren kann. Für den Zerfall vom Uran wären das also die Beiträge vom 238U, 234U, 230Th, 226Ra, 222Rn, 218Po, 214Po und 210Po. Man findet die Nuklide der gesamten Zerfallskette in den Spektren, die im Bergbau von einem beaufschlagten Filter gemessen wurden. Im Wasserwerk findet man nur die Polonium-Isotope; wenn das Wasser auch 220Rn enthält, findet man zusätzlich 216Po, 212Bi und 212Po.

Gadgets

Als einfache Dosimeter für den täglichen Gebrauch findet man auch eine Armbanduhr mit eingebauter Dosimeterfunktion oder ein Zusatzgerät, mit dem man ein iPhone zu einem vernetzbaren Dosimeter erweitern kann.
Eine kuriose aber in Grenzen durchaus funktionsfähige Dosimeter-Lösung ist eine App mit der man den Foto-Chip im Smartphone als Gamma-Detektor für dosimetrische Messungen verwendet. Die Messgenauigkeit ist allerdings von vielen Randbedingungen abhängig, so dass ein Smartphone kein Personendosimeter ersetzen kann.